Kirche der Heiligen Dreifaltigkeit
Ende des 18. Jahrhunderts wurde den Bewohnern von Straußnitz die Notwendigkeit des Baus einer eigenen Kirche immer bewusster, da sie wegen aller kirchlichen Angelegenheiten nach Neustadtl gehen mussten, was wohl unangenehm und auch aus Prestigegründen nicht mehr tragbar war. So beschlossen die Straußnitzer, eine eigene Kirche zu bauen, und der Landsmann und reiche Prager Händler Anton Hanke nahm sich vor, den Bau der Kirche zu finanzieren.
Anton Hanke Grab auf dem Friedhof Straußnitz
Er, der Sohn eines örtlichen Gärtners, wurde am 16. Oktober 1755 geboren. Als junger Kaufmannslehrling ging er nach Prag, wo er sesshaft wurde und es zu Reichtum brachte. Sein Heimatdorf hatte er nicht vergessen, und so wurde er zu dessen großzügigem Wohltäter. Er hat zum Bau der Kirche 10800 Gulden gespendet und alle diesbezüglichen, oft komplizierten Verhandlungen geführt.
Den Grundstein legte der Leitmeritzer Bischof Wenzel Leopold Chlumczansky, Ritter von Przestowlk und Chlumnizan, der späteren Erzbischof von Prag, am Dienstag, dem 17. Mai 1803. Die Kirche wurde in den Jahren 1803 – 1804 gebaut, und in den Jahren 1807 – 1808 kamen noch die Sakristei und die Wohnung für den Geistlichen hinzu. Dem 11 x 15,5 Meter großen Kirchenschiff wurde ein halbkreisförmiges, 6,2 Meter tiefes Presbyterium angebaut. Die 5 x 6,5 Meter grosse Sakristei befand sich an seiner südostlichen Seite. Der an der Nordseite gelegte Kirchturm war 23 Meter hoch. Vor dem Eingang der neu gebauten Kirche wurden zwei Linden gepflanzt, von denen eine noch heute (2012) steht.
Im Jahr 1847 wurde die Kirche zur Expositur erhoben. Der Kirche wurde auch ein erster unabhängiger geistlicher Verwalter beigeordnet. Es war der Pfarrer der Kirche St. Laurentius in Neustadtl (Jezvé), Anton Dreschel, der hier fünf Jahre tätig war. Im Jahr 1899 wurde Straußnitz zu einer Pfarrei erhoben, und der damalige Expositurverwalter wurde erster Pfarrer.
Der Kirchturm erhielt eine Uhr und Glocken. Die Uhr, die durch eine Sammlung in der Gemeinde finanziert wurde, hat der Uhrmacher Jan Janata aus Liebstadt bei Semil angefertigt. Heute befindet sie sich am Turm der Kirche der Geburt des St. John Baptist in Steinschönau. Ursprünglich war die größte Glocke der Allerheiligen Dreifaltigkeit, die mittlere dem Heiligen Johannes von Nepomuk und die kleine der Heiligen Franziska geweiht. Größte Bedeutung für das Schicksal der Glocken hatten die beiden Weltkriege. Während des Ersten Weltkrieges wurde, wie in der Pfarrchronik zu lesen ist, durch Erlass von 8. August 1916 befohlen, die Glocken dem Heer zu Kriegszwecken zu übergeben. Im November 1916 Jahr wurde die große, 189 Kilogramm schwere Glocke requiriert, und im Sommer 1917 wurden die beiden anderen Glocken aus dem Turm entfernt. Als Entschädigung für die Glocken wurde ein Fond für die Beschaffung neuer Glocken gegründet.
Darüber hinaus organisierte der Frauenverein aus Straußnitz eine Geldsammelaktion für den Erwerb von drei neuen Glocken.
Diese wurden von der Firma Richard Herold aus Komotau gegossenen und am 16. Mai 1926 geweiht. Gesegnet und gesalbt wurden sie vom Straußnitzer Administrator, dem ehrwürdigen Pfarrer Viktor Horandel aus Neustadtl.
Die Glocken waren in c2, f2 und gis gestimmt.
Die Inschriften auf den Glocken lauteten:
1. auf der großen – „Zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit – Mai 1926“
2. auf der mittleren – „Den im Weltkriege 1914-1918 gefallenen Helden der Gemeinde Straußnitz u. Schönborn – Mai 1926“
3. auf der kleinen –„Ave Maria Frauenverein Straußnitz – Schönborn – Mai 1926“
Der Ortsvorsteher Franz Liebzeit sagte in der Festrede:
„Im Jahre 1917, als Folge des Weltkrieges, wurden die Glocken heruntergenommen, die Glocken, die Zierde der Kirche, eine Zierde der Gemeinde, welche viele Jahrzehnte ihre Pflicht erfüllt hatten, jedes Leid, wie jede Freud mit uns teilten, ja selbst in finsterer Nacht, bei Feuergefahr vom Turme herab, die schlafenden Bewohner des Dorfes laut zu Hilfe riefen. Wir hoffen nicht, dass den neuen Glocken einst ein obiges Los beschieden werde. Lasst laut und hell euere ehernen Stimmen von den Türmen herab hallen, bei jedem Anlass der Gemeinde lasst laut ertönen euere Stimmen von heute bis in ferne, ferne Zeiten für einen allgemeinen, dauernden Frieden. Das wünschen wir alle von Herzen.“
Diese Wünsche wurden nicht erhört. Während des Zweiten Weltkrieges, am 10. Februar 1942, wurden die drei neuen Glocken für die deutsche Wehrmacht konfisziert. Die einzige Glocke, die die Zerstörung der Kirche im Jahre 1972 überlebte, war die alte 43 cm breite und 36 cm hohe, welche die Glockengiesserin Anne Kuhnert in Prag 1805 gegossen hatte. Wo sich die Glocke jetzt befindet, ist nicht bekannt.
Im Presbyterium befand sich über dem Hauptalter ein Gemälde mit der Darstellung der Allerheiligen Dreifaltigkeit. Das Bild hatte das Format 2,10 x 3,40 m und wurde von dem Maler Joseph Bergler geschaffen, der ab 1800 Direktor der neugegründeten Akademie der Bildenden Künste in Prag war. Darunter befand sich ein weiteres Gemälde mit Darstellung der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind auf ihrem rechten Arm, das 50 x 40 cm groß war. Auf beiden Seiten des Bildes befanden sich zwei Engelstatuen, die jeweils 80 cm groß waren.
Auf der rechten Seite befanden sich der Seitenaltar aus dem Jahr 1807 mit der Darstellungen der Unbefleckten Empfängnis und dem Heiligen Aloisius. Im Jahr 1850 erhielt der Altar noch eine 82 cm große Marien-Holzstatue und eine 93 cm große Gipsstatue mit der Darstellung des Göttlichen Herzens Jesu. Die beiden Statuen fanden später ihren Platz in der Kapelle des Pfarrhauses. Neben der auf der linken Seite des Altarraumes befindlichen Kanzel hing ein 58 x 30 cm großes Ölbild mit der Darstellung der vier Evangelisten. In der Kirche standen insgesamt 15 Kirchenbänke in zwei Reihen. Sie boten Platz für je sechzehn Gläubige.
Der Orgelbauer Franz Feller der Ältere aus Königswald schuf für die Straußnitzer Kirche im Jahre 1841 eine Orgel. Sie wurde im Jahre 1847 auf 200 Gulden geschätzt und in späteren Jahren mehrmals repariert. Im Jahre 1919 wurde sie durch eine neues Instrument ersetzt. Im Frühjahr 1971 wurden die Orgel zuerst in die Maria-Magdalena-Kirche nach Böhmisch Leipa und danach (um 1984) nach Richwald bei Bartfeld in die Slowakei gebracht. Dort hat sie der Pfarrer Ladislav Franz für die Kirche in Scheibe gekauft. In Scheibe wurde die Orgel nicht installiert. Ihre Spur verliert sich mit dem Tode des Pfarrers Franz im Jahre 2010.
Einziges Erinnerungsstück an die Zeit vor der Sprengung der Kirche ist ein 25 cm großer, getriebener Kelch. Auf der Schale des Kelches, platziert zwischen vier Engeln, sind Szenen aus dem Leben Christi zu sehen: Abendmahl, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt. Auf der Fußscheibe des Kelches sind die vier Evangelisten dargestellt.
Von der Monstranz ist nur eine Beschreibung erhalten: sie war 54 cm hoch und besaß einen ovalen Fuß. Sie hatte einem Durchmesser von 15 – 19 cm, war aus Blech getrieben und vergoldet. Über dem Ostensorium befand sich der Heilige Geist in Form einer Taube, darunter war Gottvater dargestellt, der von zwei Engeln angebetet wurde.
Bislang ist der einzig erhaltene Gegenstand, der nebst der Turmuhr aufgespürt werden konnte, das barocke Zinntaufbecken, das auf drei Rehbeinen nachgestalteten Füßen ruht und sich heute in der Schatzkammer der Pfarrei Böhmisch Leipa befindet.
Die letzten großen baulichen Veränderungen erlebte die Kirche in den Jahren 1933 und 1934, als die einfachen Fenster durch bleiverglaste Vitragefenster mit der Darstellung der Jungfrau Maria und den Heiligen Josef, Franz von Assisi, Theresia, Ambrosius und Anne ersetzt wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung begannen für die Kirche schlechte Zeiten.
Im Rahmen der Besiedlung der Grenzgegend fanden Familien aus der ganzen Tschechoslowakei in Straußnitz ein neues Zuhause. Die Zahl der Gläubigen sank radikal, und Straußnitz hatte keinen eigenen Pfarrer mehr. Diese beiden Tatsachen führten zum Verfall der Kirche. Im Jahre 1960 befand sich die Kirche in einem Zustand, der einige kleinere Reparaturen notwendig machte. In den Jahren 1965 bis 1970 gab es noch einige Versuche zur Rettung im Rahmen der damaligen Möglichkeiten.
Leider fehlte aber von Seiten des Staates der politischer Wille, die Kirche zu retten. Ein weiterer Grund für die Zerstörung der Kirche war der schlechte bauliche Zustand. Von staatlichen Stellen wurden zwei Gründe für den Abriss der Kirche genannt: Erstens wurde die Kirche als Verkehrshindernis für den Straßenbau Sandau – Böhmisch Leipa dargestellt. Bei der Verkehrsplanung wurde aber übersehen, dass vor der Kirche zwei alte, unter Staatsschutz stehende Linden standen. Diese wurden erhalten und bei der Sprengung des Kirchenbaus vor Beschädigung geschützt. Der zweite Vorwand zur Sprengung der Kirche war der schlechte bauliche Zustand des Gebäudes.
Aus den 1970er Jahren sind Dokumente vorhanden, die belegen, dass das Dekanat Böhmisch Leipa den „Örtlichen Bauausschuss“ um Reparaturen an der Kirche gebeten hatte. Das Geld für die Reparatur der Kirche hatte letzendlich die Kreisvolksvertretung in Aussig sogar bewilligt, und auch das Kreiszentrum für Denkmalpflege in Aussig stimmte zu, weil sich die Kirche in der II. Denkmalskategorie befand. Einige kleinere Reparaturen wurden in geringem Umfang und in reduzierter Qualität durchgeführt, durch das Dach aber regnete es weiter in die Kirche.
Die Entscheidung zur Sprengung, die der Ausschuss für Bauplanung der Kreisvolksvertretung in Böhmisch Leipa am 29. 11. 1972 traf, erfolgte mit der Begründung, dass sich das Objekt in ruinösem Zustand befindet und ein Verkehrshindernis an der Durchgangsstraße darstellt. Die Sprengung führte der Sprengmeister Oldřich Vašek der Prager Firma Pragosevis am 16. Dezember 1972 um 9 Uhr aus.
Zu diesem Anlass hatten sich viele Neugierige aus Straußnitz und Umgebung versammelt. Sie wurden bis zum Polzenufer bzw. jenseits des örtlichen Friedhof verwiesen. Eine mächtige Explosion verscheuchte die Tauben aus dem Kirchenturm, von der Kirche blieb nur ein großer Schuttberg übrig.
Quellen:
Státní okresní archiv Česká Lípa
Archiv Biskupství litoměřického
Římskokatolická farnost – děkanství Česká Lípa
Soukromý archiv Petr Fletcher
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